Alpen 2012 / 06 Flüelapass


06.00 Uhr, stürmisches Glockengeläut. Scheint eine Besonderheit der Region zu sein. Da bleibe ich lieber noch bisschen liegen, gerade bei den leichten Minusgraden da draußen. Um 08.00 gibt’s ein gutes Käsefrühstück und etwas Kommunikation mit der Herbergswirtin. Auf italienisch klappt das ganz gut. Um 09.15 ist Luzie gesattelt und jetzt gibt es keine Ausreden mehr. Rauf auf den Flüelapass!

Nach 5 Minuten Kaltstart scheint mein System kurz vorm Kollaps. Heftig, die Steigung bringt mich augenblicklich in Schnappatmungsbereiche. Da hilft nur Pause, Pumpe runterfahren und weiter. Nach der heftigen ersten Viertelstunde komme ich in Tritt und treibe Luzie die Serpentinen hoch. Wobei treten hoffnungslos übertrieben wäre – wir kriechen mehr gen Passhöhe. Langsam erstrahlt die Sonne und erwärmt die nachtkalte Luft. Wir werden von vielen Autos, aber keinem Radfahrer überholt, und die zunehmend atemberaubende Landschaft entschädigt für die Plackerei. Nach der Baumgrenze zeigt sich die Alpinlandschaft von ihrer ganzen Schönheit. Strahlendblauer Himmel, gelb-braune Wiesen, von Bächen durchzogene Geröllfelder und dahinter die Berge. Einfach Hammer. Mein Sichtfeld verengt sich mit zunehmender Höhe auf den Lenker vor mir und die Straße darunter. Es gilt nur noch treten. Einsetzende Tagträume geben einen kleinen Eindruck was Transzendenz bedeuten könnte …

Die gestern noch schmerzenden Beine arbeiten hervorragend und bringen uns Serpentine für Serpentine hoch zum Flüelapass. Nach gut zwei Stunden wechselt die Steigung in eine Gerade und wir preschen entlang des Bergsees zum Flüela Hospiz. Luzie abstellen, trockene Klamotten an, ein großes Bier und ab in den Ruhezustand. Nach einer Stunde fahre ich das System wieder hoch. Rauf auf Luzie und los auf die Passstraße. Die Fahrt verläuft sehr gemütlich, da ich mich an der alpinen Umgebung garnicht satt sehen kann. Wahnsinnig schön hier oben, die grandiosen Ausblicke machen die Auffahrt schon fast vergessen. Dann runter nach Davos, dessen 70er Architekturcharme mein Herz nicht so recht zu erwärmen vermag. Entlang der rauschenden Landquart geht es stetig bergab und nur der ruppige Radweg bremst den Fahrspaß ein wenig. Aber so lässt sich die Bilderbuchlandschaft ganz gut genießen.

In Küblis dehnt sich eine Pause am Brunnen zur Spontanübernachtung. Das Gasthaus zum Posthorn funkelt in der Sonne und macht einen einladenden Eindruck die Beine heute schon etwas früher zu schonen. Das sehr nüchtern eingerichtete Zimmer kann mit der Fassade des Hotels leider nicht mithalten. Also wieder raus auf den Platz. Hier genehmige ich mir zwei Calanda bevor mich die einbrechende Abendkälte in die Gaststube treibt. Ein perfektes Käserösti beschließt den Tag und um 21.00 falle ich ins Bett.




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